Ein lebender Torpedo

Fische

Georg Britting hat dem Hecht ein Gedicht gewidmet. Dort heißt es:

Hecht

Zwischen Kraut und grünen Stangen jungen Schilfes steht der Hecht. Mit Unholdsaugen im Kopf, dem langen, Herr der Fische und Wasserschlangen, mit Kiefern, gewaltig wie Eisenzangen, gestachelt die Flossen: Raubtiergeschlecht.

Das ist schön beobachtet, nur der Titel des Gedichtes lässt zweifeln: er lautet "Raubritter". Von Ritterlichkeit ist beim Hecht aber nichts zu spüren. Weder beim maß- und wahllosen Verschlingen seiner Beute noch bei Metzeleien in der eigenen Familie. Hechte machen sich, wenn sie kaum wenige Zentimeter groß sind, bereits gefräßig über ihresgleichen her. Ihre Vermehrung in Aufzuchtbecken wird dadurch sehr schwierig.

Als Räuber ist der Hecht hervorragend ausgestattet. Zwar kann er nicht besonders gut riechen und schmecken, aber seine Augen sind scharf; zwar schwimmt er nicht besonders schnell, aber aus der Lauer schießt er wie ein Torpedo auf die Beute zu.

Fast alle Knochen in seinem breiten Maul sind mit Zähnen besetzt - mit unzählig vielen, nadelspitzen, teils nach hinten gerichteten Zähnchen, die eine einmal gepackte Beute nicht mehr loslassen. Zuweilen zum Nachteil für den Hecht, denn wenn die Beute zu groß war, geht der Räuber daran ein, weil er sie nicht mehr los wird. Ein Hecht frißt, wenn er genügend Beute machen kann, täglich so viel, wie er selbst wiegt.

Damit kommen wir zum Problem der schrumpfenden Größe bei den Hechten: Die zunehmende Verunreinigung unserer Oberflächengewässer ist schuld daran. Wasserwissenschaftler haben es festgestellt. Pestizide, Insektizide, Verbindungen von Buntmetallen, Quecksilber - all dies und noch mehr findet man im Wasser. Die Nahrungskette der Wasserbewohner aber ist so beschaffen, dass diese Gifte sich nach und nach anhäufen. Pflanzen nehmen die schädlichen Chemikalien auf. Fische, die sich von den Pflanzen ernähren, reichern sich damit an. Und in den Räubern, die sich von den Fischen ernähren, ist das Gift schließlich in Mengen vorhanden.

In den Organen des Hechtes verlangsamen diese Giftstoffe das Wachstum und stoppen es schließlich ganz. Bei Hechten, die an sich eine Chance hätten, noch größer zu werden, geht heutzutage das Wachstum so langsam, dass sie - ehe sie ein bedeutendes Maß erreichen konnten - schon von einem Angler aus dem Wasser gezogen werden.

In Nordamerika ist das anders. Dort gibt es noch klare Gewässer. Und infolgedessen auch noch große Raubfische. Wer einen kapitalen Burschen aus dem Wasser ziehen möchte, muß dorthin reisen.