Seine Ahnenreihe geht bis zu den Mongolen

Raubtiere

Möpse sind keine Kläffer. Wenn Bella bellt, dann in einem tiefen, rollenden, melodischen Tonfall. Nacken- und Rückenhaar sträuben sich dabei gewaltig. Wenn sie bellt, meint sie es ernst.

Im übrigen beherrscht sie das normale Hundevokabular - also Miefen, Janken, Jaulen, Quietschen und so weiter, was bei ihrer zuchtbedingt inwendig deformierten Nase noch durch Schnarch- und Schnurrtöne bereichert wird. Kynologen haben 30 verschiedene Lautarten festgestellt, mit denen der Hund sich auszudrücken weiß. Ich bin sicher, dass Bella 29 davon beherrscht.

Sie hat eine ins Grau der Geschichte zurückreichende Ahnentafel. Der Mops ist eine uralte Zwerghundrasse und vom Typ her als asiatische Züchtung erkennbar. China und die Mongolei werden als Ursprungsländer genannt. Der Stumpfnasige entspricht fernöstlichem Schönheitsideal.

Als im 13. Jahrhundert die Reiterhorden Dschingis Khans in Europa auftauchten, wurden sie von den "Happas" begleitet, kurzbeinigen, kurzhaarigen, kurznasigen Hunden. In ihnen sieht man die Vorfahren des Mopses. Wer sich den Mops nicht so recht als Begleiter eines flinken Mongolenponys vorstellen kann, sollte einmal Bella erleben, wenn sie, den runden Dickschädel hart am Hinterhuf des Haflingers, ausdauernd mittrabt und galoppiert, auch wenn die schnelle Gangart sie zum Schnaufen bringt.

Auf zwei Wegen kam der Mops aus Rußland und der Türkei, wo ihn die Mongolen hingebracht hatten, nach Westeuropa: mit der türkischen Flotte über den französischen Kriegshafen Toulon und mit holländischen Matrosen, die das kuriose Hundetier in der Nationalfarbe der Oranier aus Rußland mitbrachten. Sicher ist, dass der Mops im 17. Jahrhundert in Europa weithin bekannt und verbreitet war. Im 18. Jahrhundert erlebte er besonders an den Höfen der Fürsten und Adeligen seine Blütezeit.

Vor zweihundert Jahren gab er sogar einer Geheimgesellschaft den Namen. Man hat diesen Mopsorden lange ins Reich der Phantasie verwiesen, doch hat es ihn im 18. Jahrhundert tatsächlich gegeben. Adelige hatten ihn als Gegenstück zu den seit 1738 für Katholiken verbotenen Freimaurerlogen gegründet. Ursprünglich strebte man in idealistischer Zielsetzung nach religiöser und sittlicher Bildung. Aber dann wurde der Orden zunehmend zu einem exklusiven Klub mit wenig Bildung, wenig Wohltätigkeit und viel Amüsement. Als Erkennungszeichen trugen die Damen kleine silberne Möpse an hellblauen Schleifen und die Kavaliere ebensolche an Bändern.

Der Mops galt in jener Zeit gewiß nicht ohne Grund als absolutes Ideal, als Verkörperung der bedingungslosen Treue. Darum war er als Symbol gewählt worden. Der Begriff "Mops" hatte damals ganz und gar keinen Beigeschmack des Lächerlichen. Seine richtige Haltung und sorgfältige Züchtung spielten in besseren Kreisen eine besondere Rolle, waren so gut wie eine Verpflichtung. So wurden in alten Familien noch traditionell Möpse gezüchtet, nachdem das spärliche Wissen um den Mopsorden längst versickert war.

Erst im 19. Jahrhundert wurde der Mops zum Modehund des reichgewordenen Bürgertums - und damit begann sein Untergang. Das deutsche Biedermeier machte aus ihm durch unvernünftige Verzärtelung eine vollgefressene, fette, mißgelaunte, dummdreiste Kreatur vom Format einer Schlummerrolle. Damit geriet der Mops derart in Verruf, dass er bei uns fast ausstarb.

Tiervater Brehm, sonst jedem Lebewesen zugetan, schreibt über den Mops: "Die Welt wird nichts verlieren, wenn dieses abscheuliche Tier mitsamt seinen Nachkommen den Weg allen Fleisches geht." Das ist das vernichtendste von vielen anderen Urteilen.