Kong am Strande

Autor: Arnold Zweig

Vom Sandstrand, weiß hingebreitet im Bogen der Bucht, erblickte Kong zum erstenmal die See und bellte herzbrechend im Übermaß seiner begeisterten Seele.

Kong

Da lief das Blauweiße schäumend immer wieder gegen ihn an, und er sollte sich nicht hineinstürzen? Zu viel für einen Airdaleterrier mit braunem Fell, drahthaarig, und langen Hosen. Aber Willie verbot es ihm, sein junger Gott, und so raste er wenigstens unhemmbar über den festen Sand, noch feucht von der zurückgegangenen Flut, Willie jauchzend hinterdrein; und der Ingenieur Groll, langsam schlendernd, sah, dass sie unter den Bewohnern der Strandkörbe und buntgestreiften Badehütten leichten Aufruhr anrichteten - der Hund und sein schlanker brauner Blondkopfherr von acht Jahren.

Am Ende der bewohnten Reihe, dort, wo der Himmel schon blass in die Unendlichkeit überging, schien sich eine kleine Verwicklung, vielleicht aus Zorn eines gestörten Friedens, anzuspinnen. Willie stand da, schlank und abweisend, und hielt den Hund am Halsband. Groll eilte hin. Im Schatten eines Zeltes mit orangeroten Streifen und blauem Stangenwerk saß ein dicklicher Mann halb vorgeneigt, die Zigarre zwischen den Fingern.

Tiergeschichten

"Ist das Ihr Hund?" fragte er unerregt.

Ein kleines Fräulein neben ihm, zehnjährig etwa, hatte die Zähne auf die Unterlippe gesetzt und funkelte aus schmalen Lidern Tränen voll Hass auf den Jungen und auf den Hund.

"Nein", sagte Groll mit seiner behaglichen Stimme, die in seiner Brust widerzuhallen schien, "der Hund gehört dem Jungen, der allerdings meiner ist."

"Diese Hundelauferei ist verboten, wissen Sie. Er hat meine Tochter ein bisschen erschreckt, ihre Kanäle zertrampelt und steht auf ihrer Schippe", beharrte die behäbige Stimme.

"Zieh ihn zurück, Willie", lachte Groll, "Sie haben recht, Herr; er hat sich losgerissen, und schließlich ist ja nichts passiert."

Willie schob Kong einige Schritte beiseite, hob den Spaten auf und reichte ihn mit leichter Verbeugung den Herrschaften hin.

Niemand nahm dem Knaben den Spaten aus der Hand, und Willie, stirnrunzelnd, steckte das Spielzeug schließlich vor dem Mädchen in den Sand.

"Ich denke, damit wär's beigelegt", lächelte Groll und ließ sich nieder. Nett und höflich hat er sich benommen, Willie; wie gut er aussieht mit seinem Kong! Der Hund, offenbar zum Friedensschluss nicht so schnell geneigt, knurrte leise, gesträubten Nackens, dann ließ auch er sich nieder.

"Ich will diesen Hund erschießen, Papa", äußerte das Mädchen plötzlich mit entschlossener Stimme, "er hat mich so erschreckt. Diese Leute müssen eine Lehre haben. Ich will selbst abdrücken."
Groll winkte seinem Jungen zu, der, Empörung in den Augen, seinen Hund an sich heranzog. Geruhig erwartete er den Fortgang dieser angenehmen Unterhaltung, denn schließlich war ja er noch da, um den Fratz zurechtzuweisen, wenn der Herr mit seiner guten Zigarre es sich nicht traute, weil das reizvolle Fräulein keine rechtmäßige Einordnung vertrug.

"Meinen Hund wird keiner erschießen", drohte Willie, indem er die Fäuste ballte. Aber das junge Mädchen, ohne ihn auch nur mit einem Blick zu streifen:

"Kauf ihn den Leuten ab, Papa, hier ist mein Scheckbuch." Und sie entnahm wahrhaftig im Hintergrund des Zeltes einer Tasche mit Reißverschluss das schmale Heft und einen Füllhalter mit goldener Klammer.

"Wenn du ihn mir nicht kaufst, werfe ich bei Tisch den Suppenteller mitten in den Saal; du kennst mich, Papa." Sie flüsterte fast, bleich wie Kreide, und ihre blauen Augen, vom Meer mit grünem Schimmer überglänzt, standen voll böser Drohung in ihren leicht braunen Zügen.

Der Herr sagte: "Zehn Pfund für den Hund."

Groll rückte sich im Sande auf, die Beine gekreuzt. Er erwartete neugierig das Abenteuer.

"Der Hund gehört nicht mir; Sie müssen mit meinem Jungen verhandeln. Er hat ihn sich erzogen."

"Ich habe mit Jungens nichts zu tun. Ich biete fünfzehn Pfund, ein ganz anständiges Geld für den Kadaver."

Groll begriff: eine Gelegenheit, seinen Ältesten kennenzulernen. "Willie", nahm er das Angebot auf, "der Herr bietet dir fünfzehn Pfund für Kong, damit er ihn erschießen kann. Du könntest das Fahrrad dafür kaufen, das du dir schon ein Jahr lang wünschst."

Willie sah seinen Vater an, zweifelnd, ob er ernsthaft rede. Statt aller Antwort legte er seinen Arm um Kongs Hals, lächelte Groll zu und sagte:

"Ich verkauf ihn dir nicht, Papa."

Der Herr im Badeanzug wandte sich Groll zu. Offenbar begann die Frage ihn innerlich zu erwärmen. "Reden Sie zu, ich biete zwanzig Pfund."

"Zwanzig Pfund", meinte Groll zu Willie, "dafür bekommst du das Fahrrad und das Kanu, das du vorhin so sehr bewundertest, Willie. Ein grünes Kanu mit Doppelruder für das Wasser, und für das Land ein Fahrrad bester Sorte mit Lampe, Glocke und neuen Schläuchen, vernickelt von vorn bis hinten. Es bleibt auch noch etwas für eine Uhr übrig, Willie. Du brauchst nur diesen ollen Hund loszulassen und dem Herrn die Leine in die Hand zu geben."