Dumme Gänse gibts gar nicht

Die Gans ist neben dem Hund das älteste Haustier der Welt. Unter den zahlreichen Abbildungen von Gänsen bei den alten Ägyptern gibt es eine unübertrefflich realistische Darstellung von Hausgänsen, die am Teich stehen - aus der 4. Dynastie, um 2550 v. Chr. Gänse waren als Speise- und als Opfertier schon in dieser frühen Zeit weit verbreitet.

Gans

Herodot berichtet, dass die ägyptischen Priester jeden Tag Gänsefleisch in großen Mengen erhielten und ihren Göttern Gänse opferten. Ein anderer griechischer Schriftsteller sagt, die ägyptischen Könige hätten - neben Kalbfleisch - nur Gänsefleisch gegessen. Dasselbe wird auch von dem persischen König Kyros dem Jüngeren berichtet. Die indischen Könige akzeptierten Gänse als passendes Geschenk und verzehrten Gänseeier zum Nachtisch.

Die Juden des Alten Testaments wußten offenbar noch nichts von Gänsen, ebensowenig die Griechen, bevor Homer seine Odyssee schrieb. In diesem Werk steht etwas Interessantes. Penelope erzählt ihrem Mann, der von seinen Irrfahrten wieder nach Hause zurückgekehrt ist, einen komplizierten Traum. Sie erfreut sich an ihren Hausgänsen (die offensichtlich nicht zum Verzehr gedacht waren), bis ein Adler erscheint und allen die Hälse bricht. Die Frauen des Dorfes reden der Untröstlichen gut zu, bis der Adler zurückkommt und ihr im Traum den Traum erklärt. Er spricht als Odysseus und sagt, die Gänse seien in Wirklichkeit Penelopes Freier, "aber jetzo bin ich, dein Gatte, wiedergekommen, dass ich den Freiern allen ein schreckliches Ende bereite".

Der wirkliche Odysseus kann außerhalb des Traumes nur beifällig nicken. Daß der Traum eine bedenkliche unterschwellige Tendenz aufweist, ist offenbar bis jetzt noch niemand aufgefallen. Hätte Freud den Traum gedeutet, hätte er Penelope auf den Kopf zugesagt, dass ihr die Freier, die ihr in Gestalt ihrer Lieblingstiere, der Hausgänse, erschienen, doch nicht so ganz gleichgültig waren. Jedenfalls bringen unsere unschuldigen Haustiere das keusche Bild der harrenden Gattin etwas ins Wanken.

In der antiken Literatur tritt uns die Gans in der bekannten Fabel von Aesop entgegen. Hier bekommt ein Verehrer des Hermes von diesem eine Gans geschenkt, die goldene Eier legt. In der Annahme, dass auch ihr Inneres aus Gold sei, schlachtet der Dummkopf den Vogel. Aesops Moral: So geben oft Habsüchtige um eines größeren Gewinns willen das, was sie in Händen haben, preis.

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