Königsgeier und Truthahngeier riechen das Aas

Der Königsgeier ist der schönste Neuweltgeier. Das Weiß seines Gefieders hat meist einen zarten rosa Anflug, und die farbenprächtige Zeichnung seines Kopfes ist sehr auffallend.

Er ist ein Einzelgänger, der in bewaldeten Gebieten des tropischen und subtropischen Südamerika bis hinauf nach Mexiko verbreitet ist. Man sieht ihn meist einzeln oder paarweise. Am Aas gesellt er sich auch zu anderen Arten, vor allem zu Rabengeiern. Er ist ein Aasfresser, der zwar ausgezeichnet sieht, aber zum Auffinden von Nahrung auch seinen hervorragend entwickelten Geruchsinn verwenden kann. Er riecht tatsächlich, wenn im Wald unter ihm ein "reifer" Kadaver liegt. Vor allem im bewaldeten Gelände ist ihm das eine zusätzliche Hilfe.

Dasselbe gilt auch für den Truthahngeier und die beiden anderen Arten der Gattung Cathartes, während der Rabengeier keinen besonders ausgeprägten Geruchsinn besitzt und seine Nahrung optisch sucht. Dies alles wissen wir durch anatomische Studien und Versuche verschiedener Forscher in Amerika. Die Ergebnisse wurden durch Freilandbeobachtungen bestätigt. Besonders eindrucksvoll ist ein Fall aus den USA. Bewohner beobachteten eine große Ansammlung von Truthahngeiern, die immer wieder über einem bestimmten Platz kreisten, an dem nichts Auffallendes festzustellen war. Man dachte an eine verscharrte Leiche und riß den Boden auf. Ergebnis: ein defektes Gasrohr!

Vögel

Die Truthahngeier hatten also das ausströmende Gas gerochen und daraufhin nach dem unsichtbaren "Aas" gesucht. Das ist ein schlagender Beweis für das ausgezeichnete Geruchsvermögen dieser Vögel. Den beiden Kondoren und dem Rabengeier fehlt es.

Der häufigste Neuweltgeier - wenn auch nicht der am weitesten verbreitete - ist der Rabengeier. Er kommt zwischen dem Süden der Vereinigten Staaten und dem mittleren Argentinien vor. Weil er eine recht gesellig lebende Art ist, trifft man ihn meist in größerer Zahl. An Kadavern können sich Hunderte seiner Art versammeln. Dasselbe gilt für Müllplätze und ähnliche Örtlichkeiten. Im subtropischen und tropischen Amerika gehören Rabengeier fast überall zum Landschaftsbild. So sieht man sie, wie sie am Strand von Rio de Janeiro den Spülsaum untersuchen; sie hocken in Scharen bei Schlachthäusern auf Bäumen herum und kreisen über Städten oder Viehweiden. In Argentinien nennt man sie "cuervos", also "Raben". Durch ihr schwarzes Gefieder erinnern sie ja wirklich an große Rabenvögel. Kein Wunder, dass die spanischen Einwanderer sie danach benannten.