Die Eltern werden am Schnabel gepackt

Ich hatte gedacht, dass die Zwergdommel nun wieder stundenlang vom Nest fernbleiben würde, doch dies war ein Irrtum.

Zwergdommel
Zwergdommel

Nach genau acht Minuten war sie wieder da (unhör- und unsichtbar über die Schilfstengel im Zeitlupentempo hereingestiegen), "fremdelte" diesmal nicht, sondern erlaubte ihren Kindern, nach Reiherart die Fütterung einzuleiten. Im Gegensatz zum Storch, der es sich nie bieten lassen würde, von seinen Kindern unsanft angefasst zu werden, müssen bei Reihers die Kinder, wenn sie nur zwei bis drei Tage alt sind, den Altvogel energisch am Schnabel packen und diesen zur Nestmulde herunterziehen. (oben wird dieser Vorgang im Bild gezeigt.) Die erwachsene Dommel reagiert auf diesen reihertypischen Fütterungsreiz prompt: Sie öffnet langsam den Schnabel und lässt die Nahrung - Wasserinsekten vom Wasserläufer bis zum räuberischen Gelbrandkäfer - in einer langen, breiigen Wurst ausfließen.

Dieses Klammerverfahren wird von den jungen Dommeln aber erst vom dritten Lebenstag an energisch und entschieden angewendet. In den ersten beiden Tagen, da die Kinder für solche Kraftakte noch zu schwach sind, würgt der Altvogel seine Atzung unaufgefordert aus. Er senkt seinen leicht geöffneten Schnabel zur Horstmitte und zeigt so den Neugeborenen, wo sie nach Nahrung suchen müssen. Ist der mitgebrachte Brocken für die Babies noch zu groß, nimmt ihn der alte Vogel einfach wieder auf, verschluckt ihn und verdaut ihn so lange weiter, bis er kindgerechte Maße hat.