Vom Hubschrauber aus gefangen

Der strenge Naturschutz für Moschusochsen lässt die Bestände erfreulich anwachsen. Die Weibchen setzen nur alle zwei Jahre ein, seltener zwei Junge. Bei Prof. Teals Züchtungsversuchen war das Ergebnis allerdings beachtlich größer.

Kanada erfüllte 1974 den Wunsch der damaligen Sowjetunion, ihr bei der Wiedereinführung des in Arktisch-Sibirien ausgestorbenen Ovibos moschatus behilflich zu sein. Nicht sicher ist nachgewiesen, warum der Moschusochse vor etwa 2000 Jahren hier verschwand. Waren es Ausrottung durch rücksichtsloses Bejagen oder Klimaänderungen, weshalb die Tiere aus Mangel an Äsung eingingen?

Huftiere

Das Einfangen der für Sibirien bestimmten Stücke gelang durch die von Zoologen des Canadian Wildlife Service und der Northwest Territories Game Branch ausgetüftelte Methode. Vom Hubschrauber wählte man vierzehn (mehr weibliche als männliche) Jährlinge aus. Dem Fangteam, darunter vier Eskimos, gelang es leicht, sie von ihren Herden abzuzweigen. Moschusochsen haben einen heillosen Respekt vor den sirrenden Libellenfliegern und streben beim Anfliegen wild auseinander - im Gegensatz zu ihrem Verhalten Wölfen gegenüber. Einzeln wegstrebende, geeignete Stücke wurden durch "Tranquilizer"-Schüsse betäubt und - nach Einspritzen eines Antibiotikums zur Vermeidung von Infektionsgefahr - im Helikopter-Netz zum Sammelplatz geflogen. In oben offenen, starkwandigen Kästen wurden die Tiere vom Airstrip Sachs Harbour nach Montreal und von dort mit einer sowjetischen Antonov 22 Turboprop-Maschine sofort nach Moskau geflogen. Während dieses 12-Stunden-Transports hielt man das Klima im Frachtraum auf zuträglicher Moschusochsen-Temperatur (unter null Grad).

Vorletzte Etappe: Norilsk am unteren Jenissei, wo sowjetische Biologen dieses ungewöhnliche Frachtgut übernahmen. Die (sechs weiblichen, vier männlichen) Ovibos wurden in ein - vorerst eingepferchtes -Weidegebiet am Taimyrsee auf der Taimyr-Halbinsel überführt, wo die gleichen klimatischen und Vegetations-Verhältnisse wie im kanadischen Archipel herrschen. Kanada hatte den Sowjets vierzehn Zuchttiere zugesagt, auch eingefangen, aber vier entkamen kurz vor dem Abflug aus Banks-Island. Der scharfe Luftzug des landenden Airfrighters riss vier Boxen um; die Insassen, unversehens der Freiheit wiedergegeben, galoppierten auf und davon.

Da war noch das Risiko durch Sibirien streunender Wolfsrudel, doch die Norilsker Wildbiologen sahen kein Problem; Wölfe halten sich ja an Wildren-Herden, wogegen Moschusochsen sich seit Urzeiten mutig und wirksam wehren. Die nach Sibirien überführten Stücke mit Gewichten zwischen 125 und 140 kg waren ziemlich nah ihrer biologischen Reife. Da Äsung und sonstige Bedingungen dem Stammrudel zuträglich sind, konnten die sowjetischen Betreuer bald mit dem ersten sibirischen Moschusochsen-Nachwuchs seit zwei Jahrtausenden rechnen.