Zoologisches Stichwort

Spitzmäuse

Spitzmaus

Als Spitzmäuse bezeichnet man kleine, etwas an Mäuse erinnernde Säugetiere mit spitzer Schnauze und winzigen Augen. Man faßt sie in der Familie Spitzmäuse (Soricidae) in der Ordnung Insektenfresser (Insectivora) zusammen. Mit den Mäusen sind sie nicht verwandt. Sie haben ein typisches Insektenfressergebiß, während Mäuse Nagetiere sind und auffallende Nagezähne im Ober- und Unterkiefer besitzen.

Rund ein Dutzend Spitzmausarten leben in Europa, von denen die Wasserspitzmaus (Neomys fodiens) die größte, die winzige Etruskerspitzmaus (Suncus etruscus) aus dem Mittelmeergebiet die kleinste ist.

Nach dem Gebiß teilt man die europäischen Spitzmäuse in zwei Gruppen ein: Rotzahn- und Weißzahnspitzmäuse. Die Vertreter der ersten Gruppe haben rotbraune Zahnspitzen, während die Angehörigen der zweiten ganz weiße Zähne besitzen. Zur ersten gehören die Arten der Gattung Sorex und Neomys, zur zweiten die der Gattungen Crocidura und Suneus.

Die am weitesten verbreitete Art ist die Waldspitzmaus (Sorex araneus), die in Wäldern wie auch auf Wiesen und in Parks und Gärten vorkommt. Sie ist oberseits dunkelbraun, an den Flanken und auf der Unterseite etwas heller. Von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzansatz mißt sie sechs bis acht Zentimeter; der Schwanz ist vier bis fünf Zentimeter lang. Das Gewicht schwankt um acht bis neun Gramm. Ebenfalls recht häufig sind Haus- und Feldspitzmaus (Crocidura russula und Crocidura leucodon). Beide leben in offenerem Gelände, auf Wiesen, Feldern und Gärten. Erstere kommt auch in Ortschaften und Häusern vor, siedelt sich gern in Komposthaufen an. Beide Arten haben einzelne lange, weiche Borsten am Schwanz, die bei der Waldspitzmaus fehlen. Auch sind ihre Ohren größer als bei dieser.

Die Wasserspitzmaus mit samtschwarzem Pelz auf der Oberseite und silbrigweißer Unterseite lebt an Gewässern. Auf der Unterseite des sechs bis sieben Zentimeter langen Schwanzes befindet sich ein Kiel aus starren Haaren, den die ähnliche Sumpfspitzmaus (Neomys anomalus) nicht besitzt. Die Wasserspitzmaus erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge (von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzansatz) von acht bis neun Zentimeter und ein Gewicht von 15 bis 16 Gramm. Sie schwimmt und taucht sehr geschickt. Die Sumpfspitzmaus ist etwas kleiner mit relativ kürzerem Schwanz, dem der "Streifhaarkiel" fehlt.

Die kleinste Art, die Etruskerspitzmaus (Suncus etruscus), lebt in offenem, mit Büschen bestandenem Gelände im Mittelmeerraum. Nicht selten trifft man sie bei Feldsteinhaufen oder Häuserruinen an. Zu beobachten ist sie schwer, da sie - wie die meisten Spitzmäuse - überwiegend nachtaktiv ist. Mit Fallen ist das vier bis fünf Zentimeter lange und nur knapp zwei Gramm schwere Tierchen kaum zu fangen, da es diese vielfach gar nicht auslöst. Untersucht man aber Gewölle von Eulen aus dem Gebiet, so wird man Schädelreste dieser Art finden. Überhaupt gibt die Analyse von Eulengewöllen einen recht genauen Überblick über die Kleinsäugerfauna bestimmter Lebensräume. Katzen fangen ebenfalls häufig Spitzmäuse, fressen sie aber oft nicht, weit sie unangenehm moschusartig riechen.

Alle Spitzmäuse sind gefräßige Tiere mit großem Nahrungsbedarf. Sie ernähren sich von Insekten aller Art, Würmern, Schnecken, Spinnen und hin und wieder auch von pflanzlicher Kost. Die Wasserspitzmaus erbeutet auch kleine Fische, Frösche und Molche, andere wiederum greifen andere junge Kleinsäuger (Jungmäuse) oder junge hilflose Vögel an. Von frisch tot aufgefundenen Kleinsäugern fressen sie mit Vorliebe das Gehirn.

Höhlungen aller Art dienen Spitzmäusen als Unterschlupf. Dort bauen sie auch ihr Nest. Die Fortpflanzungszeit dauert von April bis September. Die Tragzeit beträgt drei bis vier Wochen. Die meist fünf bis acht Jungen werden nackt und blind geboren. Mit 15 bis 18 Tagen öffnen sie die Augen und werden bis zum Alter von etwa vier Wochen gesäugt. Danach sind sie selbständig und bereits mit drei bis sechs Monaten geschlechtsreif. Bei einigen Arten (Feld- und Hausspitzmaus) bildet die Mutter mit den Kindern eine "Karawane", wenn sie ihr Versteck wechseln; jedes beißt dem anderen in die Schwanzwurzel und eines von ihnen packt den Schwanzansatz der Mutter. So wandert die ganze Familie im Gänsemarsch davon.

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Spitzmäusen beträgt rund ein Jahr. Einzelne können auch älter werden.

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