Am gefährlichsten: eine Bärin mit ihren Jungen

Raubtiere

Die dritte gefährliche Situation: Der Bär hat frischgeschlagene Beute. Grizzlys sind überaus besitzgierig, was ihr Fressen betrifft, und greifen jeden an, der ihrer Beute zu nahe kommt.

Am gefährlichsten ist aber sicher eine Bärin mit ihren Jungen. Die Bärenkinder werden mit wütender Leidenschaft verteidigt. Schafe, Elche, Rehe, Füchse - jedes Tier wird angegriffen, wenn es zu nahe kommt. Der Mensch natürlich auch. Allerdings ist das relativ: Die eine Mutter lässt Beobachter dicht heran, bevor sie reagiert, während die andere bereits auf Sichtweite angreift.

Übrigens darf auch der Bärenvater seinen Kindern nicht zu nahe kommen. Die Gefahr, dass er seine Jungen auffrißt, ist der Mutter zu groß.

Grizzlybären sehen ungeschickt und tölpelhaft aus. Aber das täuscht. Nicht nur, dass sie sehr groß werden (aufrecht messen sie über zwei Meter) und sehr stark sind (sie töten ohne Mühe eine Kuh und tragen sie weg). Sie können auch sehr schnell rennen, bringen es auf rund 50 Stundenkilometer und überholen damit jeden Menschen - sogar die meisten Pferde. Außerdem sind sie so wendig, wie man es ihnen nie zutrauen würde.

Eines Morgens war ich Zeuge, wie eine Grizzlybärin Erdhörnchen jagte. Ob sie die Tierchen nun sah oder vor allem hörte (Geruch- und Gehörsinn sind bei Grizzlybären hervorragend) - jedenfalls attackierte sie die Hörnchen. Es war immer das gleiche Spiel. Das Erdhörnchen duckte sich in ein Loch, sobald die Bärin herankam. Das entmutigte die Grizzlydame aber nicht. Sie grub an diesem Loch und an jenem - fast immer ohne Erfolg. (Als sie später abzog, hatte sie die ganze Bergflanke umgepflügt.)

Offenbar hoffte die Bärin darauf, dass ein Erdhörnchen einen Fehler machen würde. Und das geschah dann schließlich auch. Als der Grizzly wieder einmal auf ein Hörnchenloch zuraste (vergeblich natürlich), kam ein Erdhörnchen aus einem anderen Loch heraus und rannte los - um ein besseres Versteck zu erreichen. Die Bärin bemerkte das, nahm die Verfolgung auf, überholte das Hörnchen, schlitterte auf einem Bein herum - ja, und damit kam sie zu ihrer Mahlzeit.

Auch dieses Jagderlebnis zeigt: Grizzlybären sind methodische Tiere.

Der Lebensraum eines Grizzlybären beträgt etwa acht mal fünf Kilometer. Zuweilen bewegen sich Bären aber auch in einem Gebiet, das mehrere zehntausend Quadratkilometer umfaßt. Früher gab es Grizzlys im ganzen westlichen Nordamerika - von Alaska bis nach Zentralmexiko. Heute sind sie in den USA und in Mexiko fast ausgerottet. Auch in Kanada ist ihr Bestand sehr zurückgegangen. Daran ist weniger die Jagd schuld als die Zerstörung des natürlichen Lebensraums. Grizzlybären brauchen riesige unbewohnte Gebiete, um sich frei bewegen zu können. Sie legen - ganz im Gegensatz etwa zu den Schwarzbären - durchaus keinen Wert darauf, mit Menschen Kontakt zu haben.

Meist beruht das auf Gegenseitigkeit.

Grizzlybärin mit Jungen
Grizzlybärin mit ihren Jungen