Die tote Kuh vertrocknete schließlich

"Que frío, que frío!" jammerte Jorge, schlotternd vor Kälte, als er mir eines Morgens half, die Spannschnüre unseres Tarnzeltes festzuzurren. Dessen Planen flatterten im eisigen Sturm.

Wir - meine Frau, drei Freunde und ich - hatten in einem Andenhochtal, zwischen 3000 und 4000 Meter hoch, eine tote Kuh ausgelegt, um das Verhalten von Kondoren am Aas zu studieren. Ähnlich hatte ich es bei den Altweltgeiern in Spanien und Afrika schon getan. Der Auslegeplatz befand sich in Nordwest-Argentinien, in der Provinz Salta. Dort hatte ich auf früheren Reisen regelmäßig Kondore beobachtet. Wir hofften nun, dass sie auch diesmal erscheinen würden, um unsere Gabe anzunehmen.

Vögel

Aber diesmal hatten wir Pech. Wenn auch mehrere dieser Vögel sehr bald nach dem Auslegen herbeikamen, so erschienen sie dennoch in den folgenden Tagen nicht am Aas. Sie waren bei ihren Annäherungsversuchen von einem "Schießer" verscheucht worden, der wild in der Gegend herumknallte. Die verängstigten Vögel kreisten zwar in der Folgezeit mehrfach in der Nähe (einmal waren es sogar 18 Kondore), vermieden es aber, zu landen. Auch nachdem wir den Kadaver an einen anderen Platz geschleppt hatten, kamen sie nicht herbei. Unsere schöne Kuh war schließlich durch Sonne und Wind völlig vertrocknet und für die Vögel uninteressant.

Der Kondor der Anden (Vultur gryphus) ist der größte flugfähige Vogel der Erde. Seine Flügelspannweite mißt rund drei Meter. Das Gewicht eines ausgewachsenen Vogels kann bis zu 12 kg betragen; es liegt damit hart an der absoluten Grenze der Flugfähigkeit eines Vogels.

Beim Kondor kann man die Geschlechter gut unterscheiden: Das Männchen trägt auf dem Kopf einen fleischigen Kamm, der beim Weibchen fehlt. Unausgefärbte Jungvögel sind überwiegend bräunlich, während die Altvögel schwärzlich befiedert sind, mit weißer Halskrause und weißlichem Anflug auf der Oberseite der Armschwingen. Die Färbung der nackten Hautpartien variiert zwischen schwärzlichgrau und fleischrot. Sie hängt von der Gemütsverfassung des Vogels ab, wie dies ja auch bei einigen anderen Arten der Fall ist.