Des Gottes Amun steinerne Hörner

Auch ästhetisch sind sie schön: die spiralig aufgerollten, fossilen Gehäuse der Ammoniten. Sie lebten vor allem in der Jura- und Kreidezeit, also vor 190 bis 70 Millionen Jahren, und finden sich zum Beispiel in Steinbrüchen des Fränkischen oder Schwäbischen Jura. Schlichte Gemüter nennen sie "Schnecken". Aber Ammoniten waren Kopffüßer. Sie führten im Urmeer ein Leben auf Tauchstation.

Ammoniten
Ammonit
Der aufgesägte, versteinerte Ammonit oben zeigt alles Wesentliche: die schneckenartige Windung und die einzelnen Kammern.

Mein Urgroßvater hatte einen kleinen Bauerngarten zu Füßen der Schwäbischen Alb. Die Beete, in denen Centifolienrosen, Löwenmaul und dunkelviolette Schwertlilien blühten, waren säuberlich mit hochkant gestellten, suppentellergroßen Ammoniten eingefasst. Der "Ähne" (schwäbisch für "Vorfahr") hatte sie vom Pflügen und vom Wegebau im Wald mitgebracht, weil sie etwas Geheimnisvolles und Merkwürdiges waren. "Aus der Urzeit sind sie", sagte er uns und fuhr bewundernd mit dem Zeigefinger die steinernen Windungen des Fossils entlang.

Mag es die eindrucksvolle Form dieser Weichtiergehäuse sein oder nur die Tatsache, dass Ammoniten häufig vorkommen - sie sind jedenfalls begehrte Sammelobjekte von Heerscharen paläontologischer Amateure geworden, die Sonntag für Sonntag mit Meißel und Geologenhammer in den fündigen Gebieten unterwegs sind. Sie suchen nach den versteinerten Gehäusen dieser Tiere, die am Ende der Kreidezeit, also vor etwa 70 Millionen Jahren, ausgestorben sind.

Nur Verwandte der Ammoniten leben heute noch: vor allem das Perlboot (Nautilus) im tropischen Südpazifik und (etwas entfernter verwandt) die übrigen Kopffüßer, zu denen die Kraken und Kalmare gehören, die der Volksmund "Tintenfische" nennt.

Von den Perlbooten kann man auf das Aussehen und Verhalten der Ammoniten einiges übertragen, wenn auch Unterschiede bleiben. Was Ammoniten für die Wissenschaft interessant macht, ist ihre Rolle als "Leitfossilien" das heißt: Für bestimmte geologische Schichten jeweils kennzeichnende versteinerte Lebewesen; durch ihr Vorhandensein kann man die Schichten zeitlich genau bestimmen.

Sie waren Tiere des Salzwassers. Viele lebten im Jurameer, das nach dem Ende der Triaszeit vor etwa 190 Millionen Jahren auch den größten Teil Süddeutschlands überflutete. Mit diesen Jura-Ammoniten beschäftigen wir uns hier vor allem.

Je nach Meerestiefe kamen verschiedene Arten vor. Im flachsten Wasser, das wegen der Brandung den Gehäusen gefährlich werden konnte, fehlten sie ganz. In 20 bis 50 Meter Tiefe blieben die Tiere noch selten. In 40 bis 70 Meter Tiefe bildeten sie etwa ein Drittel der Fauna. Erst in Tiefen von 70 bis 100 Meter herrschten sie vor.